Das CERN in Genf ist das weltweit bedeutendste Forschungszentrum für Teilchenphysik. Im Large Hadron Collider (LHC), einem ringförmigen Teilchenbeschleuniger mit einem Umfang von 26,7 Kilometern werden Protonen nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. In riesigen Detektoren, die sich etwa 100 Meter unter der Erde befinden, bringt man die beschleunigten Teilchen zur Kollision. Die dabei auftretende Energiedichte entspricht dem Zustand, in dem sich das Universum einen winzigen Bruchteil einer Sekunde nach dem Urknall befand. Aus dieser, bezogen auf das kleine Volumen, in dem sie freigesetzt wird, riesigen Energie entstehen neue Teilchen, die am CERN vermessen und erforscht werden.
16 Schülerinnen und Schüler der Kurse „Sterne und Quanten“ und „Astrofotografie“ am Begabungsstützpunkt Memmingen besuchten im Juni 2024 das Forschungszentrum bei Genf. In der neuen interaktiven CERN-Ausstellung „Science Gateway“ erhielten sie einen spannenden Einblick in die Themen „Entstehung des Universums“, „Quantenphysik“, „Beschleunigung von Teilchen“ und „Teilchendetektoren“, die eng miteinander verzahnt sind und mit denen sich die Forschung am CERN beschreiben lässt.
Es folgte ein sehr interessanter Fachvortrag zur Physik am ATLAS-Detektor, dem größten Experiment am CERN. Auch ein Blick in das ATLAS-Kontrollzentrum durfte nicht fehlen. Weil die Beschleuniger am CERN momentan laufen, darf man zu den Detektoren nicht hinunterfahren. Wir besuchten den ATLAS-Detektor virtuell in einem absolut realitätsnah gestalteten 3-D-Film.
Ein gemeinsames Abendessen in Genf und ein eindrucksvoller Spaziergang am Genfersee und durch die Altstadt von Genf rundeten den langen ersten Tag ab.
Unser zweiter Tag am CERN begann mit einer Führung am Synchro-Zyklotron, dem ältesten Teilchenbeschleuniger am CERN. Das Synchro-Zyklotron war von 1957 bis 1990 in Betrieb. Im Jahr 2013 wurde der Beschleuniger aufwändig restauriert und vermittelt nun mit einer informativen Ausstellung CERN-Besuchern einen Eindruck von den Anfängen der Beschleunigerphysik am CERN.
Mit dem Bus ging es zu SM18, einer großen Halle, in der Ersatzmagneten für ihren Einsatz am LHC vorbereitet werden. Hier erhielten wir von einem CERN-Physiker eine spannende Einführung in die Technik, mit der am LHC Protonen durch elektrische Felder beschleunigt und durch extrem starke Magnetfelder auf Kreisbahnen gezwungen werden. Die Magnetspulen des LHC werden bei Stromstärken von bis zu 11 800 Ampere betrieben. Dies erfordert Spulen aus Niob-Titan, die mit flüssigem Helium auf Temperaturen von nur 1,9 Grad über dem absoluten Nullpunkt gekühlt und dabei supraleitend werden.
Den Abschluss unserer Führungen am CERN bildete ein Besuch bei LINAC 2, einem Linearbeschleuniger und zugleich dem Ersten in einer Reihe von Teilchenbeschleunigern, mit denen die Protonen auf die Geschwindigkeit vorbeschleunigt werden, mit der sie schließlich in den LHC eintreten. LINAC 2 war bis 2018 in Betrieb und beschleunigte Protonen auf etwa 31% der Lichtgeschwindigkeit. Auch LEIR, den ersten Ringbeschleuniger in der Beschleuniger-Kette des CERN, durften wir mit kundiger Führung besichtigen.
Nach zwei Tagen am CERN kehrten die Schülerinnen und Schüler mit einem reichen Schatz an Eindrücken nach Memmingen zurück.
Text und Bilder: Andreas Kellerer